Motiviert für junge Menschen: JMD und Respekt Coaches in Düsseldorf
Man kann die Begeisterung für ihre Arbeit förmlich greifen, wenn Jasmin Groos, Elisa Wienß und Kamil Basergan von ihrer Arbeit erzählen. Sie alle arbeiten beim Jugendmigrationsdienst (JMD) in Düsseldorf, der junge Menschen mit Migrationsgeschichte in allen Lebenslagen unterstützt, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. Kamil Basergan ist für die Beratung und Begleitung der Jugendlichen zuständig. Bis zu 600 Jugendliche mit Migrationshintergrund zwischen 12 und 27 Jahren berät der JMD Düsseldorf pro Jahr. Manche nur einmal, manche werden über einen längeren Zeitraum begleitet. „Es macht wirklich Freude zu sehen, wie die meisten Jugendlichen sich positiv entwickeln. Das motiviert einen jeden Tag weiterzuarbeiten“, sagt Kamil Basergan.
Jasmin Groos und Elisa Wienß sind als Respekt Coaches beim Jugendmigrationsdienst tätig. Ihr Tätigkeitsfeld erstreckt sich auf Schülerinnen und Schüler an allgemein- und berufsbildenden Schulen, unabhängig von deren Herkunft. Das Präventionsprogramm Respekt Coaches macht an den Schulen demokratische Werte für junge Menschen erlebbar und stärkt sie in ihrer Persönlichkeit. Sie lernen, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren und eigene Positionen zu beziehen. Dadurch sollen junge Menschen vor Radikalisierung geschützt werden.
Dass es gut ist, dass das 2018 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend neu eingerichtete Programm Respekt Coaches bei den Jugendmigrationsdiensten angesiedelt wurde, darüber sind sich alle einig. „Ich nehme in den regelmäßigen Teamsitzungen mit den Respekt Coaches viel für die eigene Arbeit mit“, erzählt Kamil Basergan. „Zu uns kommen zum Beispiel auch Jugendliche mit Migrationshintergrund, die Probleme in der Schule haben, sei es mit Gewalt oder Rassismus. Da ist es dann gut, wenn ich mich mit den Kolleginnen beraten kann, denn die sind ja in den Schulen ganz nah dran.“
Der fachliche Austausch mit den Respekt Coaches bereichert auch die beratende Arbeit von Kamil Basergan im JMD.
Respekt Coaches im Stundenplan
„Wir lassen die Jugendlichen zu Wort kommen. Zu Beginn einer jeden Stunde fragen wir sie etwa: Wie geht es dir gerade? Viele sind es nicht gewohnt, zu Wort zu kommen und sind am Anfang eingeschüchtert“, berichtet Jasmin Groos. „Doch wir sagen ihnen immer wieder, dass es bei uns kein Richtig oder Falsch gibt. Das nimmt die Hemmungen und dann genießen sie es, dass ihnen jemand zuhört“, ergänzt Elisa Wienß.
Die beiden Respekt Coaches sind aktuell jede Woche in der 8. Klasse einer Hauptschule im Randgebiet von Düsseldorf. Von 12:05 Uhr bis 13:40 Uhr steht bei den 13- und 14-Jährigen „ReCo“ im Stundenplan. Dann geht es um Themen wie Identität, Respekt, Diskriminierung, Rassismus, Medienkompetenz oder Vorurteile. Manche Stunden gestalten die beiden Sozialpädagoginnen selbst, für andere holen sie sich Unterstützung von externen Bildungsträgern.
„Manchmal finden die Jugendlichen einfach nicht die richtigen Worte, um ihre Gedanken auszudrücken. Dann ist es wichtig, sie ernst zu nehmen und zu versuchen zu übersetzen“, sagt Elisa Wienß. Sie erinnert sich an eine Unterrichtsstunde zu Hate Speech mit einem externen Bildungsträger, bei der es darum ging, was menschenverachtende Aussagen mit einem machen. Ein Schüler antwortete darauf: „Das macht behindert.“ Anstatt zu rügen, dass man so etwas nicht sagen sollte, hat der Referent die Aussage aufgegriffen, reflektiert und den Schüler gefragt: „Also, du würdest sagen, dass Hate Speech krank machen kann?“ Genau das hatte der Jugendliche mit seinen Worten ausdrücken wollen. Durch den sachlichen Austausch hat der Schüler einerseits erfahren, was er mit seiner Wortwahl auslösen kann und eine alternative Ausdrucksform angeboten bekommen. Andererseits freute er sich, dass der Referent die situative Bedeutung erkannt und ihn richtig verstanden hat. „Dadurch konnte der Schüler an Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit gewinnen“, so Elisa Wienß. „Und künftig wird er eventuell sensibler mit dem Begriff umgehen können.“
Die Unterrichtsstunden zeigen Wirkung
Durch die regelmäßigen Stunden entsteht bei den Schülerinnen und Schülern ein Vertrauen zu den Respekt Coaches. „Viele Jugendliche fühlen sich perspektivlos, wenn wir mit der Arbeit mit ihnen beginnen. Es ist dann schön zu sehen, dass sie gestärkt aus den Stunden rausgehen“, sagt Elisa Wienß. „Besonders hat uns gefreut, als der Lehrer uns nach einem halben Jahr in der Klasse mitteilte, dass die jungen Menschen das, was sie bei uns lernen, auch in anderen Unterrichtsstunden anwenden und so ein respektvolleres Miteinander möglich ist“, sagt Jasmin Groos.
Respekt wird sichtbar: Nicht nur auf der Fensterscheibe des JMD Düsseldorf, die Angebote des Programms zeigen Wirkung in den Schulen.
Aktuell bahnt sich ein zweiter Kooperationsvertrag mit einer Gesamtschule an, die auf sie zugekommen ist. Wie die Arbeit dort aussehen wird, ist noch offen. Zu Beginn werden sich die zwei Respekt Coaches zunächst einmal mit der Schulsozialarbeiterin zusammensetzen und erarbeiten, welche Themen in der Schule eine besondere Rolle spielen. Denn die Angebote sollen immer maßgeschneidert sein.
Beide Respekt Coaches bringen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit des Jugendmigrationsdienstes mit und haben sich zu Respekt Coaches weiterbilden lassen. Das hilft ihnen in den Schulen. „An manchen Schulen beträgt der Migrationsanteil 70 Prozent – da hilft es, auf mein Wissen aus der Arbeit beim JMD zurückgreifen zu können“, sagt Jasmin Groos. Wenn sie feststellt, dass Schülerinnen und Schüler noch mehr Unterstützung brauchen könnten, komme es schon mal vor, dass sie ihnen empfiehlt, sich beim JMD beraten zu lassen.
Coronabedingte Veränderungen
Neben der klassischen Beratung und Begleitung bietet der JMD Düsseldorf auch zahlreiche Gruppenangebote an, die sich durch Spenden finanzieren. Wie zum Beispiel ein Nachhilfeprojekt, das zu Corona-Zeiten sehr erfolgreich online stattfindet. Auch das Angebot LERNORTE kann zu Corona-Zeiten weiterlaufen. „Wir haben einen riesigen Raum, in dem die Jugendlichen an einzelnen Tischen mit genügend Abstand sitzen. So können wir ihnen immer noch zweimal die Woche einen Raum bieten, in dem sie ein warmes Mittagessen bekommen und dann Hausaufgaben machen, sich austauschen oder spielen können“, erläutert Kamil Basergan.
Bei den Respekt Coaches waren die coronabedingten Schließungen der Schulen im Frühjahr nicht so leicht aufzufangen. Doch die beiden Sozialpädagoginnen haben auch in dieser Zeit versucht, den Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schülern aufrechtzuerhalten. So haben sie ein künstlerisches Angebot entwickelt und die Jugendlichen eingeladen, sich mit ihrer eigenen Persönlichkeit und der ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler auseinanderzusetzen, indem sie sich kreativ aus ihrer Isolation heraus mitteilen konnten: Gemeinsam mit einem Künstler packten die Respekt Coaches unter anderem ein „Chalk-Graffiti-Kit“, mit dem die Jugendlichen zu Hause die eigene Fensterscheibe mit Kreidefarbe kreativ und bunt gestalten konnten.
Die Kreativ-Pakete der Respekt Coaches brachten den Jugendlichen Farbe in den für manch einen tristen Corona-Alltag.
„Besonders begehrt war unser T-Shirt-Paket“, erzählt Jasmin Groos. „Dabei konnten Schülerinnen und Schüler mit Textilfarbe aus einer Pump-Sprüh-Flasche und mit Hilfe von Schablonen, Schriftzügen und Bildern T-Shirts gestalten. Der Künstler bereitete eine Anleitung vor, die heruntergeladen werden konnte.“ Den Jugendlichen wurden so verschiedene kreative Möglichkeiten geboten, selbstständig mit den Materialien zu experimentieren.
An rund 190 Standorten der Jugendmigrationsdienste arbeiten mittlerweile neben den Beraterinnen und Beratern auch Respekt Coaches. Damit bewirken sie gemeinsam Gutes für die jungen Menschen, für die sie zuständig. Und am Ende profitieren von dem gegenseitigen Austausch die Jugendlichen.
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Text und Bilder: Servicebüro Jugendmigrationsdienste