Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Teilhabe ermöglichen, Fachkräfte gewinnen, Demokratie stärken: Jugendmigrationsdienste zeigen im Bundestag ihre Wirkung

Beim Parlamentarischen Frühstück im März wurde anhand von drei Wirkungsbereichen deutlich: Die Jugendmigrationsdienste (JMD) stärken junge Menschen mit Migrationsbiografie – und die deutsche Gesellschaft. Durch konkrete Beispiele aus der Praxis gaben die JMD ihren politischen Partner*innen Argumente für die kommenden Haushaltsverhandlungen an die Hand.

Gemeinsam für starke Jugendliche und junge Erwachsene: Parlamentarier*innen und JMD-Vertreter*innen tauschten sich im Bundestag aus.

Die Bundestagsabgeordneten Schahina Gambir (Bündnis 90/Die Grünen) und Hakan Demir (SPD) waren Schirmpat*innen der Veranstaltung im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestags. „Ich bin großer Fan der Jugendmigrationsdienste", sagte Schahina Gambir. „Für mehr Chancengerechtigkeit, aber auch für die demokratische Stärke unserer Gesellschaft ist ihre Arbeit unverzichtbar."

Auch Hakan Demir betonte die nachhaltige Wirkung der JMD-Arbeit: „Es geht um Demokratiestärkung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir danken den Jugendmigrationsdiensten für ihr Engagement und unterstützen sie auf politischer Ebene.“

An Thementischen vertieften sich Parlamentarier*innen verschiedener Parteien sowie Gäste aus Bundesjugendministerium und Bundeskanzleramt in Gespräche mit Fachkräften der Jugendmigrationsdienste. Schwerpunkt des diesjährigen Austauschs waren drei zentrale Wirkungsbereiche der JMD: „Teilhabe ermöglichen“, „Fachkräfte gewinnen“ und „Demokratie stärken“.


Wegweiser und Mutmacherinnen: JMD-Fachkräfte wie Christian Borchart (2.v.l.) und Teresa Wigand (r.) ebnen Wege in ein selbstbestimmtes Leben.

Wirkungsbereich 1: Jugendmigrationsdienste ermöglichen Teilhabe

Tausende junge Menschen mit Migrationsgeschichte profitieren vom Engagement der rund 500 Jugendmigrationsdienste bundesweit. Allein im letzten Jahr wurden über 130.000 Jugendliche und junge Erwachsene aus 180 Nationen beraten und begleitet. Die JMD helfen bei der Suche nach Integrations- und Sprachkursen, Praktikums- und Ausbildungsplätzen, der Anerkennung von Abschlüssen und der Kommunikation mit Behörden. Auch bei persönlichen Problemen stehen sie jungen Menschen zwischen 12 und 27 Jahren zur Seite. All das legt den Grundstein für eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es ist der Schlüssel zu einer gelungenen Integration.

Die Zusammenarbeit kann sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken. „Wir haken nicht bloß einzelne Maßnahmen ab, sondern begleiten die Jugendlichen weiter – Etappe für Etappe“, erklärt Teresa Wigand vom JMD Fürstenwalde in Brandenburg. Im Einzelfall kann das so aussehen wie bei einer jungen Frau aus Afghanistan: Mit Unterstützung des Jugendmigrationsdienstes schaffte sie das Abitur, nahm ein Studium auf, kümmerte sich um die Pflege ihrer Mutter und erwarb schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Wichtige Etappen können aber auch sein, ein Deutschzertifikat zu erwerben oder einen Praktikumsplatz zu finden.

Kompetenzvermittlung, Quartiers- und Netzwerkarbeit

Auf ihrem persönlichen Weg in Deutschland begegnet jungen Menschen mit Migrationsgeschichte manche bürokratische Hürde. Die Jugendmigrationsdienste sind Lotsen durch das deutsche System der Behörden und Formulare, aber auch der Angebote und Anlaufstellen. Sie sind in Quartier und Kommune gut vernetzt und stehen in Gremien für die Interessen junger Menschen mit Migrationsbiografie ein – seien es eingewanderte EU-Bürger*innen, Geflüchtete, ausländische Studierende oder in Deutschland geborene Personen.

Ihr Anliegen ist jedoch Hilfe zur Selbsthilfe, wie Christian Borchart vom JMD München betont. „Ziel ist, die Menschen dahin zu bringen, dass sie sagen: Ich weiß jetzt, wie es läuft – nun kann ich es selbst machen.“ Dabei unterstützen die Jugendmigrationsdienste auch durch Kompetenztrainings, beispielsweise in Form einer digitalen Lernwerkstatt, in der sie den Umgang mit Laptop & Co. üben. Informelle Gruppenangebote wie der Mädchentreff des JMD Fürstenwalde vermitteln nicht nur soziale Kontakte, sondern helfen, Vertrauen aufzubauen. „Fragen, die dort aufkommen, bearbeiten wir in der Beratung“, sagt Teresa Wigand.


Immer mehr Unternehmen wenden sich an den Jugendmigrationsdienst, wenn sie motivierte Nachwuchskräfte suchen, berichtet JMD-Leiterin Dr. Oxana Fuchs.

Wirkungsbereich 2: Jugendmigrationsdienste bringen Fachkräfte und Firmen zusammen

Ob interkulturelles Assessment Center, Bewerbungswerkstatt oder Talentlabor: Die Angebote der JMD zu Berufsorientierung, Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche sind vielfältig, wie Dr. Oxana Fuchs am Beispiel der Jugendmigrationsdienste in Remscheid, Wuppertal und Velbert (Nordrhein-Westfalen) berichtet. Aus Erfahrung weiß sie: „Es gibt viele motivierte junge Menschen, die bereit sind, in Deutschland zu arbeiten und hier ein Leben aufzubauen.“ Gleichzeitig gibt es einen hohen Fachkräftebedarf. Eigentlich eine Win-Win-Situation, aber: „Bürokratische Hürden bremsen die Jugendlichen aus.“ Sie zu überwinden erfordert aufwändige Beratung und Begleitung. „Die Jugendmigrationsdienste machen das möglich.“

Früher rief sie oft bei Unternehmen in der Region an, um Praktikant*innen oder Auszubildende zu vermitteln. Inzwischen fragen die Firmen auf der Suche nach Nachwuchskräften immer häufiger bei ihr nach. Die JMD sind zu gefragten Partnern bei der Arbeits- und Fachkräftegewinnung geworden.


Ob Podcast, Wahltalk oder Jugendparlament: Wer einmal an einem Demokratieprojekt der Jugendmigrationsdienste mitgewirkt hat, engagiert sich laut JMD-Mitarbeiter Felix Neumann oft weiter.

Wirkungsbereich 3: Jugendmigrationsdienste stärken die Demokratie – durch niedrigschwellige Beteiligungsformate

Selbstbestimmte Teilhabe und Perspektiven für die Zukunft sind das Fundament, auf dem ein demokratisches Selbstverständnis aufbauen kann. Hier setzen die Jugendmigrationsdienste mit Gruppenangeboten wie dem Identity Podcast an. Einen eigenen Podcast aufzunehmen und über die Themen zu sprechen, die sie beschäftigen: Das sprach beim JMD Ortenaukreis/Kehl viele Jugendliche an. JMD-Mitarbeiter Felix Neumann lud sie ein, ihre eigenen Themen mitzubringen. Heraus kam ein 12-teiliger Podcast über Schule, Integration und Deutschland – mitten aus der Lebenswelt der jungen Macher*innen, persönlich und politisch. 2023 wurde er mit dem Integrationspreis Ortenau ausgezeichnet.

Seit 2015 entwickelt der dortige JMD Gruppenangebote zur Förderung der demokratischen Teilhabe von Jugendlichen mit Migrationsgeschichte. Die Palette reicht von niedrigschwelligen Umfragen über Musik-, Podcast- und Videoformate bis zu U18- und Migrant*innenwahlen oder einem internationalen Jugendbeirat. „Es ist die Sonderkompetenz der JMD, junge Menschen zu erreichen – auch solche, die nicht in deutschen Schulen sozialisiert sind und die nicht die Routine haben, sich zu beteiligen und kritisch zu sein“, sagt Felix Neumann. Er war in der Vergangenheit auch für das JMD-Programm Respekt Coaches tätig, das an Schulen zu mehr Toleranz, Demokratie und dem Abbau von Vorurteilen beiträgt.

Bei vielen Jugendlichen wirken die JMD-Projekte nachhaltig: Sie bleiben auch nach deren Auslaufen aktiv, engagieren sich in Schule, Stadt oder Gemeinde. Zum Beispiel Sunam aus Afghanistan. Nach ersten Kontakten über die JMD-Beratung motivierte sie Felix Neumann zur Teilnahme am Jugendbeirat. Nach einer vom JMD organisierten Berlinfahrt bewarb sie sich erfolgreich für ein Praktikum im Bundestag. Es folgte ein gemeinsamer Afghanistan-Aktionstag in Kehl, die junge Frau wurde in ihrem Engagement bestärkt. „Jetzt ist sie in Kehl die Stimme der afghanischen Community, spricht auf Demos und setzt sich für Frauenrechte ein“, berichtet Felix Neumann. Das Potenzial habe sie selbst mitgebracht, der JMD öffnete Türen und begleitete sie bei den ersten Schritten. Noch immer kommt sie mit punktuellen Fragen auf den JMD zu, der für sie vertrauensvoller Ansprechpartner ist.


Zahlreiche Teilnehmer*innen aus der Bundespolitik stärkten den Jugendmigrationsdiensten den Rücken.

Mit guten Argumenten in die Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025

Die Jugendmigrationsdienste schaffen Perspektiven für junge Menschen – und für die Gesellschaft. Sie ermöglichen selbstbestimmte Teilhabe, bringen Firmen und Fachkräfte zusammen und stärken den demokratischen Zusammenhalt. Sich für sie einzusetzen, lohnt sich. Mit dieser Botschaft verabschiedeten die Schirmpat*innen und JMD-Vertreter*innen ihre zahlreichen politischen Gäste.

Deren Unterstützung brauchen die Jugendmigrationsdienste und die jungen Menschen mehr denn je. Bei den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 konnten drastische Mittelkürzungen und ein vorzeitiges Ende des JMD-Programms Respekt Coaches nur mit großem Einsatz abgewendet werden. Auch für 2025 stehen harte Verhandlungen in Aussicht. Die JMD und ihre politischen Partner*innen sind dafür gut gerüstet.


Stehen zusammen für ein starkes JMD-Bundesprogramm: Schirmpate Hakan Demir MdB und Schirmpatin Schahina Gambir MdB (vorne mit JMD-Karten) mit JMD-Berater*innen aus München, Kehl, Fürstenwalde und Remscheid sowie Vertreter*innen der JMD-Trägerverbände.

Hintergrund

Das Parlamentarische Frühstück der Jugendmigrationsdienste fand 2024 zum vierten Mal statt. Eingeladen hatten die Trägergruppen der Jugendmigrationsdienste: der AWO Bundesverband, die BAG Evangelische Jugendsozialarbeit, die BAG Katholische Jugendsozialarbeit und der Internationale Bund/Freie Trägergruppe. Das Bundesprogramm Jugendmigrationsdienste wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Weitere Informationen auf dieser Website unter "Über uns" und im Factsheet Jugendmigrationsdienste 2024 (PDF-Download)

Save the Date: JMD-Aktionstag am 19. September 2024

Jährlich beim bundesweiten Aktionstag der Jugendmigrationsdienste erhalten Politiker*innen die Gelegenheit, einen der rund 500 Standorte zu besuchen und sich vor Ort ein Bild von der JMD-Arbeit zu machen. Dieses Jahr finden die Aktionen und Gespräche rund um den 19. September statt. Mehr über den JMD-Aktionstag 2023

 

Weitere Eindrücke vom Parlamentarischen Frühstück der Jugendmigrationsdienste 2024

Text und Bilder: Servicebüro Jugendmigrationsdienste