Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Interkulturalität leben – und darüber lernen

Die Schüler sollten kreative Lösungen für typische Vorurteile anderer Nationen finden, in dem sie
Zanbürstendesigns für ausgewählte Länder entwickeln. Die Zahnbürsten sollten so gestaltet sein, dass
möglichst viele Vorurteile offenbar werden
In Zusammenarbeit mit dem Jugendmigrationsdienst Essen veranstaltete die Gesamtschule Bockmühle ein interkulturelles Training
Dass es auf der Gesamtschule Bockmühle sehr international zugeht, ist jedem klar, der einmal in der Mittagspause durch die belebte Schulstraße geht. Hier tummeln sich Schüler aus 49 Nationen, es gibt neben dem üblichen Englisch-, Spanisch- und Französischunterricht auch Türkisch; neben dem Religionsunterricht ebenfalls das Fach Islamkunde. Auch wenn friedlich miteinander gelebt und gelernt wird, ist vielen Schülerinnen und Schülern nicht bekannt, was sich alles hinter dem Thema „Interkulturalität“ verbirgt.
Die soll ein fünfwöchiges Training zumindest für die Schülerinnen und Schüler des „Projekt Europa“- Kurses für Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 ändern. „Als wir das Training letztes Jahr als Pilotprojekt anboten, war es ein voller Erfolg“, sagt Martina Böttcher, begleitende Lehrkraft. „Obwohl sich unsere Schüler jeden Tag zwischen vielfältigen Kulturen bewegen, werden bestimmte Annahmen und Verhaltensweisen leider noch viel zu wenig reflektiert.“ Darum erarbeitete Böttcher mit Jens Buschmeier vom Jugendmigrationsdienst Essen fünf Module, die das ändern sollen. Auf interaktive Weise wird die Geschichte der Migration im Ruhrgebiet erarbeitet und auch über ihre Folgen gesprochen.
„Wo ist ein Vorurteil ein Schutzmechanismus und wann besteht die Gefahr von Rassismus“? Fragen wie diese sind dabei nicht immer leicht zu beantworten. „Die Schülerinnen und Schüler der GEB besitzen ein großes Ausmaß natürlichen Taktgefühls, wenn es um den Umgang mit anderen Kulturen und Toleranz geht. Doch auch hier stoßen wir immer wieder auf Bilder in den Köpfen, die sich dort manifestiert haben, erst auf den zweiten Blick zu Tage treten und die den jungen Menschen bewusst gemacht werden sollten“, fasst Buschmeier zusammen.
Da hilft eine Simulation oftmals viel mehr als langes drum herum reden. Zu akzeptieren, dass anderes Verhalten einfach unterschiedlichen Normen und Werten zugrunde liegt, klingt banal, fällt aber oft sehr schwer. Und so helfen die Moderatoren den Schülerinnen und Schülern auch, sich darüber klar zu werden, was ihnen wichtig ist, wenn andere Menschen mit ihnen umgehen.
Vieles an einer fremden Kultur lässt sich allerdings nicht so leicht erkennen: „Als ich versucht habe, mich zu beteiligen, haben sie mich einfach weggeschleppt – obwohl ich doch genau das Gleiche gemacht habe wie sie auch“, schüttelt Pascal den Kopf, nachdem er im Planspiel eine „Fremdkultur“ besucht hat. „Da wurde ich ganz schön sauer und hatte eigentlich gar keine Lust mehr, das alles zu verstehen.“ „Dabei meinten wir das gar nicht böse“, erwidert seine Mitschülerin Katharina „Doch mit Deinem Verhalten hast du - unbewusst - gegen unsere Kultur verstoßen, das konnten wir nicht akzeptieren.“
Die Schülerinnen und Schüler werden im Umgang mit dem Fremden sensibilisiert: Beobachten, abwarten, nicht gleich werten und immer nachfragen. Obwohl oder vielleicht gerade weil so viel gelacht wird, begreifen die Teilnehmer die Parallelen zur Realität. „Wenn ich bei meinen Verwandten in Griechenland bin, muss ich mich einfach anders verhalten als hier in Deutschland, sonst läuft das nur schief“, gibt Athanasios zu.
Mit der Erkenntnis, das es kulturelle Unterschiede gibt, ist schon viel erreicht, sind sich die Initiatoren des Trainings sicher. Für das nächste Jahr ist eine Neuauflage des Seminars geplant, die erfolgreiche Zusammenarbeit von Gesamtschule Bockmühle und JMD Essen soll fortgesetzt werden.