Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Integration: Für Sprachkurse fehlt das Geld

29.11.05  Bei den Integrationskursen für Migranten muss deutlich nachgebessert
werden: Dies fordern Kursträger und der Vorsitzende des Ausländerbeirats, Cumali Naz. Am Freitag zogen sie mit Vertretern von Bund und Stadt eine Bilanz des Zuwanderungsgesetzes, das seit Jahresanfang gilt.

Kritisiert wurde die unzureichende Finanzierung durch den Bund. Die Zuschüsse für Sprachkurse - die es schon vor dem Gesetz gab - seien um ein Drittel gekürzt worden, sagte Renate Aumüller von der Münchner Volkshochschule.

Gespart werden müsse an den Lehrerhonoraren: Teilweise seien die Stundensätze auf 18 Euro abgesackt, so Aumüller. Gelder reichen nicht, Beratung ufert aus. Zudem säßen bis zu 25 Leute im Kurs, sinnvoll sei jedoch eine Obergrenze von 15. Dies habe zwei Konsequenzen: "Die Lehrer wandern ab, und die Kursteilnehmer werden nicht genug gefördert."

Der Bund zahlt den Trägern pro Teilnehmer 2,05 Euro - von denen letzterer einen Euro selbst übernimmt. "Viele Menschen haben dafür kein Geld", kritisierte Naz. Ein Kurs gliedert sich auf in 600 Stunden Deutschunterricht und 30 Stunden Landeskunde.

Probleme machen die Begleiterscheinungen: "Der Aufwand für Beratung und Verwaltung ist enorm gestiegen", so Aumüller. Denn Migranten bräuchten Hilfe, obwohl die Erstberatung für Neuzuwanderer offiziell weiterhin bei Verbänden wie der Arbeiterwohlfahrt liegt. Die Zusammenarbeit jedoch laufe nicht gut, so Naz. Er forderte darum, die Betreuung ganz bei den Kursträgern anzusiedeln.

Für Bauchgrummeln sorgt auch, dass die Kurse nach dem Lerntempo der Teilnehmer in drei Kategorien gestaffelt sind - dass am Ende aber alle die gleiche Prüfung ablegen müssen. "Absurd", schimpfte Aumüller und forderte verschiedene Abschlüsse. Naz schlug vor, die Stundenzahl bei Bedarf auf 1000 aufzustocken.

Viele Migranten, so Naz, begriffen die Kurse nicht als Chance, sondern als Drohung. Man müsse über bessere Anreize nachdenken. Dagegen sagte Claudia Vollmer, Leiterin der Ausländerbehörde, gerade hier lebende Ausländer zeigten großes Interesse. Bis Ende Oktober hat sie 1300 Migranten verpflichtet und 1300 Berechtigungsscheine ausgestellt. Vom kommenden Jahr an soll stärker überprüft werden, ob die Verpflichtungen wahrgenommen werden.
mm

VON CHRISTINE ULRICH

(Münchner Merkur vom 29.11.2005)